Die Digitalisierung verändert nicht nur die Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Endkund:innen (B2C) oder zwischen Unternehmen selbst (B2B), sondern hat auch die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen grundlegend geprägt. Immer häufiger wickeln Behörden, Ministerien, Kommunen und andere öffentliche Einrichtungen ihre Beschaffungsprozesse digital ab.
Für Unternehmen eröffnet der Einstieg in den B2G E-Commerce attraktive Chancen, ist jedoch auch mit einigen Nachteilen und Herausforderungen verbunden.
In diesem Beitrag zeigen wir dir, was sich hinter B2G E-Commerce verbirgt, welche Chancen und Risiken er bietet und wie Unternehmen erfolgreich in diesen Markt einsteigen können.
Was ist B2G E-Commerce?
B2G E-Commerce (Business-to-Government, oft auch Business to Administration) bezeichnet den elektronischen Handel zwischen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Dazu gehören nicht nur staatliche Stellen auf Bundesebene, sondern auch Kommunen, Ministerien oder öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und Universitäten.
Ablauf: So funktioniert B2G E-Commerce
Der typische Prozess im B2G-Geschäft ist sehr komplex und unterliegt strengen Regulationen. In der Regel läuft die Vergabe wie folgt ab:
- Vorverhandelte Verträge: Verträge werden vorab von Regierungsbehörden entworfen.
- Ausschreibung: Die Vergabe der Aufträge unterliegt sehr strengen Regelungen. Öffentliche Institutionen veröffentlichen Ausschreibungen auf speziellen Vergabeplattformen. Zu den gängigen Plattformen gehören unter anderem bund.de, ted.europa.eu und vergabe24.de.
- Angebot einreichen: Unternehmen müssen die geforderten Unterlagen fristgerecht und vollständig abgeben. Dabei gelten strenge Vorschriften, die unbedingt eingehalten werden müssen. Diese können je nach Behörde variieren.
- Prüfung durch die Behörde: Alle Angebote werden nach Preis, Qualität, Referenzen und Kriterien wie Nachhaltigkeit bewertet.
- Vertragsvergabe: Geeignete Unternehmen werden nach der Prüfung kontaktiert und die Verträge werden finalisiert.
Anforderung für B2G-Aufträge: Das gilt es zu beachten
Zusammenarbeiten im B2G-Sektor sind mit bestimmten gesetzlichen Regulationen verbunden, die unbedingt eingehalten werden müssen. Hier sind einige Punkte, die du berücksichtigen musst:
Rechnungsstellung
Die Rechnungsstellung im B2G-Bereich zeichnet sich dadurch aus, dass du bei einer Zusammenarbeit verpflichtet bist, elektronische Rechnungen als strukturierte XML-Dateien zu übermitteln. Eine einfache PDF-Datei reicht also beispielsweise nicht aus.
Dabei spielt die Leitweg-ID eine zentrale Rolle, denn sie gibt Aufschluss darüber, wo die Rechnung zugestellt werden soll. Ohne diese ID kann die Rechnung nicht zugeordnet werden und ist hinfällig.
Identifikationsnummern und Nachweise
Die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen im B2G E-Commerce erfordert unterschiedliche Identifikationen und Nachweise.
- Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
- Wirtschafts-Identifikationsnummer
- Registrierung auf geeigneten Plattformen, wie beispielsweise bund.de
- Dokumente oder Einträge, welche die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit nachweisen. Hierzu zählen beispielsweise Projektreferenzen, Zertifikate oder auch ein Handelsregisterauszug.
- Meist ist für Ausschreibungen zudem die Teilnahme am Amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen (AVPQ) oder eine Eigenerklärung zur Eignung verpflichtend.
Datenschutz und Sicherheit
In Zusammenhang mit digitalen Projekten spielen auch die IT-Sicherheit und der Datenschutz eine zentrale Rolle. Folgende Punkte sollten daher nicht vernachlässigt werden.
- DSGVO-Konformität: Eingereichte Vorschläge werden in diesem Punkt sehr genau vom Staat geprüft und Verstöße führen im schlimmsten Fall direkt zu einer Ablehnung.
- Gängige Sicherheitsstandards müssen eingehalten werden, um die Tauglichkeit deines Unternehmens zu beweisen.
- Transparenz: Das Unternehmen sollte in der Lage sein, Prozesse transparent zu dokumentieren. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Audits und die Anwendung von Sicherheitskonzepten, besonders im Umgang mit sensiblen Daten.
Wenn du dich im B2G-Bereich bewirbst, ist es wichtig, diese Anforderungen zu erfüllen und bewusst Nachweise einzureichen. Nicht vorhandene oder fehlerhafte Dokumente können direkt zu einem Ausschluss führen.
Vorteile für Unternehmen im B2G E-Commerce
Vorteile für Unternehmen im B2G E-Commerce Unternehmen, die den Einstieg in den B2G-Sektor wagen, profitieren von mehreren Aspekten:
- Stabile Nachfrage: Staatliche Einrichtungen kaufen unabhängig von Konjunkturschwankungen.
- Langfristige Verträge: Öffentliche Aufträge haben oft mehrjährige Laufzeiten und gelten allgemein als stabiler.
- Große Volumina: Aufträge im B2G-E-Commerce umfassen meist größere Mengen oder Projekte.
- Stärkung des eigenen Rufs: Wenn du erfolgreich einen Auftrag in diesem Bereich abgeschlossen hast, kann das sehr positive Einflüsse auf den Ruf deines Unternehmens und das allgemeine Vertrauen in deine Leistungen haben, was sich wiederum auf zukünftige Projekte und Chancen auswirken wird.
- Geringer Wettbewerb: Im Vergleich zum privaten Sektor, gibt es aufgrund der hohen Standards und Regulierungen weniger Wettbewerb.
Herausforderungen im B2G E-Commerce
Trotz der Chancen bringt B2G E-Commerce besondere Hürden und Nachteile mit sich:
Komplexe Ausschreibungsverfahren: Unternehmen müssen formale Anforderungen strikt einhalten. Die Gefahr besteht, dass man aufgrund von Fehlern ausgeschlossen wird.
- Lange Entscheidungsprozesse: Genehmigungen und Prüfungen können sich verzögern.
- Bürokratie: Unterschiedliche Vorgaben auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene.
- Hohe Kosten: Um den Compliance-Standards gerecht werden zu können, fallen oft hohe Kosten an. Zudem ist die Vorbereitung der Dokumente sehr zeitaufwendig.
- Wenig Flexibilität: Die Vertragsbedingungen im B2G-Sektor sind oftmals sehr genau und starr festgelegt, was wenig Raum für Verhandlungen oder allgemeine Flexibilität bietet.
- Für viele kleinere Unternehmen stellt besonders der administrative Aufwand eine Hürde dar.
Erfolgsfaktoren für Unternehmen im B2G E-Commerce
Um im Business to Government (B2G)-Sektor erfolgreich zu sein, solltest du folgende Punkte berücksichtigen:
- Kenntnis der Vergabeplattformen: Stelle sicher, dass du dich bei den relevanten Portalen registrierst und diese regelmäßig prüfst.
- Compliance & Zertifizierungen: Stelle sicher, dass deine Unterlagen vollständig sind und dich von der Konkurrenz abheben. Du benötigst aussagekräftige Nachweise. Zudem kann es sein, dass zusätzliche Nachweise wie beispielsweise Zertifikate oder andere Eignungsnachweise eingefordert werden.
- Fristen und Vorgaben: Ausschreibungen haben unterschiedliche Anforderungen und Fristen. Stelle sicher, dass du sie aufmerksam liest und dir einen Überblick über nötige Dokumente und Ähnliches machst.
- Professionelles Angebotsmanagement: Bereite standardisierte Unterlagen vor, um effizient auf Ausschreibungen reagieren zu können.
Welche Unternehmen eignen sich für B2G?
Nicht jedes Geschäftsmodell ist automatisch für den B2G-Sektor geeignet. Zu den geeigneten Unternehmen und Branchen gehören unter anderem:
- IT-Sicherheit: Beispielsweise Softwareunternehmen, die Sicherheitslösungen entwickeln.
- Handwerk: Bauunternehmen, die den Ausbau kommunaler Straßen übernehmen oder sich um öffentliche Gebäude kümmern.
- Gesundheitswesen: Ein MedTech-Unternehmen versorgt öffentliche Krankenhäuser mit Geräten.
- Catering und Reinigung: Unternehmen, die beispielsweise Behörden, Schulen oder andere Einrichtungen versorgen.
- Agenturen: Leistungen im Bereich Design, PR oder auch Kommunikation können im B2G E-Commerce zum Einsatz kommen.
Unterschiede zu B2B und B2C
Während Business to Consumer (B2C) Geschäfte häufig auf schnelle Kaufentscheidungen, Markenbindung und emotionale Faktoren setzen, sind Aufträge im B2G-Bereich (Business-to-Government) stark formalisiert und unterliegen klaren gesetzlichen Vorgaben. Auch im Vergleich zu Business to Business (B2B) Geschäften gibt es deutliche Unterschiede:
Strenge gesetzliche Vorgaben
Unternehmen, die mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten, müssen sich an umfassende Compliance-Regelungen halten. Diese reichen von Vergaberechten über Transparenzpflichten bis hin zu spezifischen Rechnungsanforderungen (wie z.B. E-Rechnungen). Zusätzlich können die Regeln je nach Bundesland, Kommune oder Behörde variieren, was zusätzliche Sorgfalt erfordert.
Ausschreibungen statt direkter Verhandlungen
Anders als im Business to Business-Bereich, wo Verhandlungen und individuelle Absprachen üblich sind, erfolgen B2G-Aufträge überwiegend über formale Ausschreibungen. Unternehmen müssen Ausschreibungsunterlagen prüfen, Angebote fristgerecht einreichen und festgelegte Bewertungs- und Auswahlkriterien erfüllen. Direkte Verhandlungen kommen nur in Ausnahmefällen vor.
Längere Vertragslaufzeiten
B2G-Verträge sind oft langfristig angelegt, um Planungssicherheit für beide Seiten zu gewährleisten. Im Vergleich dazu sind Business to Consumer-Geschäfte meist einmalige oder kurzfristige Transaktionen, während B2B-Verträge zwar auch länger sein können, aber flexibler in Anpassungen und Nachverhandlungen sind.
Fokus auf das Preis-Leistungs-Verhältnis
Bei B2G-Aufträgen zählt nicht nur der Preis, sondern das gesamte Leistungspaket. Qualität, Nachhaltigkeit, technische Standards und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben spielen eine große Rolle. Im B2B-Bereich kann der Preis ebenfalls entscheidend sein, wird aber oft stärker durch individuelle Verhandlungen beeinflusst. Im B2C-Bereich hingegen entscheidet häufig der Endpreis oder emotionale Kaufanreize, die durch gezieltes Marketing geschaffen werden.
Fazit
B2G E-Commerce eröffnet Unternehmen vielfältige Chancen, erfordert jedoch ein gutes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und der spezifischen Anforderungen öffentlicher Auftraggeber:innen. Wer sich auf die Prozesse einlässt und professionell vorbereitet, kann langfristige, sichere Geschäftsbeziehungen aufbauen.





